Vor dem BND: Die Planungen zum Autofreien Stadtviertel an der Panke

Modell autofreie Stadt

Quelle: autofrei-wohnen.de

Die letzte Meldung klingt dramatisch: „BND bedroht autofreies Stadtviertel“ ist ein Artikel vom Juli 2004 überschrieben. Und wirklich, so kam es: Seit Herbst 2003 wurde der Umzug eines Großteils der BND-Mitarbeiter nach Berlin immer wahrscheinlicher. 2006 dann war der Neubau beschlossene Sache – und das bedeutete das Aus für die langjährigen Planungen eines „autofreien Stadtviertels an der Panke“.

Seit 1998 hatte eine Arbeitsgemeinschaft geplant, auf dem Gelände des ehemaligen Stadions der Weltjugend ein autofreies Stadtviertel zu errichten. Die Initiative dazu kam vom Fußgängerverband „per pedes“, die Leitung übernahm der freie Architekt Markus Heller aus Mitte. Und die Idee kam an: Im Jahr 2000 stimmte die Bezirksverordneten-versammlung von Mitte für die autofreie Stadt an der Panke. Auch der Senat, der Mitte der Neunziger mit einem Ideenwettbewerb den Anstoß zu den Planungen gegeben hatte, stand zunächst hinter dem Projekt, berichtet der Tagesspiegel.

Und das war die Idee: „Wohnen ohne Streß durch Verkehrslärm und Abgase, keine Angst haben zu müssen, wenn die Kinder zum Spielen nach draußen auf die Straße gehen: Dieser Traum vieler Familien könnte in Berlin-Mitte Realität werden. In einem Stadtviertel für Menschen, die ohne eigenes Auto leben – das sind in Berlin fast die Hälfte aller Haushalte!“

Aus dieser Vision heraus entwickelten Markus Heller und seine Mitstreiter, unter anderem per pedes und BUND, einen kompletten Stadtteil. Das Stadion-Gelände war dafür optimal: Mitten in der Stadt bot es eine Fläche von 13,16 Hektar im Besitz des Landes Berlin. Neben ca. 760 Wohnungen, Gewerbe- und Einzelhandelsflächen sollten Kita und Jugendzentrum als sogenannte „Stadtteilfarm“ entstehen. Farm deswegen, weil im angrenzenden Panke-Park ein Abenteuerspielplatz mit Kinderbauernhof geplant war. Und nicht zuletzt sollte an der Chausseestraße die Piscator Medien Arena entstehen, ein großer Kongress-, Theater-, Einkaufs- und Diskokomplex.

Einen besonderen Stellenwert sollte der Sport erhalten: Zwei Sportfelder, Tennisplätze, Beachvolleyball-Felder sowie eine Halle für den Winter waren am südlichen Rand des Geländes geplant. Diese sportliche Ausrichtung verweist wohl auf die Nutzung des Geländes in den Neunziger Jahren, nach dem Abriß des Stadions 1992. Die Arbeitsgemeinschaft schreibt: „Seit 1995 haben sich auf dem Gelände des ehemaligen Stadions der Weltjugend zahlreiche temporäre Freizeitnutzungen und informelle Sportarten etabliert. Die Sportarbeitsgemeinschaft Mitte betreibt dort Flächen für Baseball, Federball, Football und Fußball. Auf speziellen Bahnen kann Mountain Bike und BMX gefahren werden.“ Außerdem wurde die Brachfläche zum City-Golfen benutzt.

Im November 2001 hat der Senat dann das sogenannte Interessenbekundungsverfahren zum alten Stadio-Gelände eröffnet, im Februar 2002 hat die Arbeitsgemeinschaft „Autofreies Stadtviertel an der Panke“ ein Angebot abgegeben. Damals waren die Initiatoren noch optimistisch: „Die Chancen für das autofreie Projekt stehen jedoch gut, da das Bebauungkonzept mit weiten Teilen der Senats- und Bezirksverwaltung besprochen wurde und auf großes Wohlwollen stieß.“ An die Interessenbekundung sollte sich eigentlich schnell ein offizielles Bieterverfahren anschließen – doch dazu kam es nicht mehr. Am 15. Oktober 2003 wurden die Verhandlungen zwischen BND und der Stadt bekannt. Das Ende der Träume einer autofreien Stadt mitten in der Stadt.

Markus Heller und seine Mitstreiter gaben nicht auf und haben die Idee vom autofreien Stadtviertel in den folgenden Jahren weiter verfolgt. Doch ob RAW-Gelände in Friedrichshain, Möckernkiez am Gleisdreieck oder Tempelhofer Feld: Alle potentiellen Standorte scheinen sich zerschlagen zu haben. Und so ist auch diese Seite nicht direkt aktuell: Der letzte Eintrag datiert auf den 1. April 2009.

P.S. Erst 2008, dann 2011, jetzt 2014  – oder noch später. Anhand der alten Presse-Berichte über den Zeitpunkt des BND-Umzugs nach Berlin kann man schön ablesen, wie sich der Umzug immer mehr verzögert hat – und verteuert natürlich auch.

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